Der Mond im Schlafrock

Der Mond in Uniform

Die Hängematte hängt auf abnehmend und der Mond grübelt. Gerade hatte ihn der Zentralnebel angerufen.
„Mach dich fesch mein Frrreund und sei pünktlich sieben Minuten nach Beginn deinerrr Mondpause bei mirrr!“
„Was ist jetzt schon wieder los?“ fragte der Mond. „Die schwarzen Löcher können doch nicht schon wieder Ärger bereiten.“
„Papperrrlapapp! Schwarrrze Löcher stehen nicht zurrr Debatte. DU bist derrr Ehrrrengast.“
„Häh? Ehrengast? Soll das jetzt ein Scherrrz sein?“
„Äff mich nicht nach, du Winzling. Du kommst vorrr das Galaktische Trrribunal!“
Der Mond zuckt in sich zusammen und mit ihm die Keimlinge auf der nördlichen Halbkugel der Erde. Zudem sinkt der Grundwasserspiegel innerhalb einer Sekunde um 37 Zentimeter und 23 Millimeter. Einige Versorgungsbrunnen ziehen bedenklich Luft. Sogar die kleine Sterneputzerin bemerkt einen Stich in's Herz und wird sofort unruhig. Fast wäre ihr das Mikrofasertuch entglitten und hätte eine mittlere Katastrophe bei einem möglichen Zusammenprall mit irdischen Weltraumfahrzeugen ausgelöst.
Dann ertönt ein trockenes Röcheln durch den Äther, dass sogar die Kosmische Kälte besorgt in Richtung Milchstraße schaut.
Der Zentralnebel feixt: „Habe ich dich geschockt? Sei unbesorrrgt. Du bekommst keinen Tadel. Du bekommst einen Orrrden!“
Keine Antwort. Der Zentralnebel horcht. Kein kosmischer Laut. Dann ein tiefes Seufzen.
„Mann, ich war fast tot. Musst du so mit mir umgehen?“
„Sag nicht 'Mann' zu mirrr, du Winzling. Und ja: Ich muss mit dirrr so umgehen, damit du mehrrr Rrrespekt vorrr mirrr bekommst. Aberrr anderrrerrrseits: Du hast ihn verrrdient. Den Orrrden.“
„Wofür bekomme ich denn einen Orden, oh Zentraler?“
„Schleimen soll'st du auch nicht. 'Oh Zentrrraler'! Mann, können wirrr denn beide nicht einmal verrrnünftig miteinanderrr umgehen?“
„Du hast 'Mann' gesagt.“
„Hab ich?“
„Ja!“
„Das steht mirrr auch zu. Also: Du bekommst den Orrrden für 'Hohe Verrrdienste bei derrr Unterrrstützung von Anbahnung und Durrrchführrrung seelischerrr und körrrperrrlicherrr Liebe irrrdischerrr Menschen' - capito?“
„Tolle Bezeichnung für meine alltägliche Tätigkeit.“
„Quatsch nicht niederrres Zeugs. Sicherrrlich verrrichtest du eine alltägliche Tätigkeit. Aberrr wie du sie verrrichtest, wenn du Liebe bemerrrkst - wie du dann sanft strrrahlst - das hat das Trrribunal beobachtet und anerrrkannt. Also schmeiß dich in Schale und trrrete an!“
Nun hat der Mond ein Problem. Was soll er anziehen? Er besitzt ja nur seinen Schlafrock. Ansonsten muss er ja scheinen und da kann er nicht verhüllt sein. Er muss sich also etwas borgen. Er grübelt und ihm fällt nur der alte Sonnenwind ein, welcher manchmal bei ihm eine klitzekleine Pause für ein paar Worte einlegt, bevor es dem Mond zu heiß wird. Dann leuchtet er so kräftig, dass nach 9 Monaten die Erdbevölkerung sprunghaft ansteigt.
Langes, galaktisches Tuten auf dem Monoohr-Sonnenwind-Kanal. Endlich: „Sonnenwind, hallo?“
„Erdenmond hier, wie geht’s?“
„Oh, du hast mich geweckt,“ säuselt der Sonnenwind ein wenig knisternd, „Was gibt es zu berichten?“
„Dich wecken, das wollte ich nicht. Aber ich soll einen Orden bekommen und habe nun ein Problem.“
„Einen Orden? Toll! Wo ist da das Problem?“
„Ich hab nichts passendes anzuziehen und wollte dich fragen, was du so hast und ob du mir etwas für diese Verleihungsprozedere leihen könntest?“
„Für diesen Anlaß fällt mir nur meine Uniform ein.“
„Du hast eine Uniform?“ , fragt erstaunt der Mond.
„Natürlich habe ich eine Uniform! Vergiss bitte nicht, dass ich ein gewaltiges Heer Koronaler Auswürfe befehlige. Dazu muss ich mir schon ordentlichen Respekt verschaffen!“
„Aber die kannst du mir doch nicht geben, was soll das Tribunal denken?“
Der Sonnenwind winkt ab und sofort werden zwei Battalione Koronaler Auswürfe aktiv, welche den Wink falsch verstanden haben. Seine Hand fährt wieder nach unten und schafft Ordnung. Niemand bemerkt etwas, nur der Mond vernimmt ein Knistern in der Leitung.
„Ich nehme einfach die Epauletten ab und schon machen wir nichts verkehrt. Du kannst also würdig deinen Orden in Empfang nehmen. Ich bringe sie dir in Kürze vorbei.“
„Na dann komm aber bitte langsam, die Erdenwürmer können zur Zeit keine Interferenzen gebrauchen.“
„Ich schleiche“, sagte der Sonnenwind, „das merken die gar nicht.“

Endlich war es soweit. Der Mond zieht die vorzüglich sitzende Uniform an und begibt sich zum Ort der Ordensverleihung ...

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